Schicksalsjahre by Guillou Jan

Schicksalsjahre by Guillou Jan

Autor:Guillou, Jan [Guillou, Jan]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2015-11-02T05:00:00+00:00


1942

Es wurde das Jahr, das einfach verschwand. Zumindest kam es Lauritz rückblickend so vor. Aber es war auch ein Jahr der Heilung, die Trauernarben verblassten, und die Leute sprachen wieder mit ihm wie mit einem der Millionen Europäer, die einen nahen Angehörigen im Krieg verloren hatten. Und so war es ja rein objektiv auch. Und offenbar zwang nicht nur er sich zu dieser Auffassung, sondern auch seine Umgebung, seine Angehörigen und Freunde wie auch entferntere Bekannte. Ab und zu wagte er sogar, Witze zu machen.

Der Junge kam am Sonntag, den 8. März zur Welt. Lauritz befand sich zu diesem Zeitpunkt in Saltsjöbaden. Aber wenn er ein Ereignis in diesem Jahr als bedeutend bezeichnen wollte, dann, dass Britta ein gesundes Kind zur Welt brachte. Das Gegenteil vom Tod. Ein neugeborener Sohn, wenn auch bis auf Weiteres unehelich.

Im Holzgastaxi kehrte Britta nach nur vier Tagen von der Entbindungsanstalt in Kramfors zurück. Strahlend vor Glück hielt sie das Kind in den Armen, als er von der Baustelle kam, und beteuerte, wie gesund und hübsch der Knabe sei und wie sehr er seinem Vater ähnele.

Er war blond und blauäugig und erinnerte ein wenig an Harald im selben Alter. Lauritz wurde von ähnlichen Gefühlen wie damals überwältigt, denn als er dem Kind seinen kleinen Finger hinhielt, packte der Säugling diesen und hielt ihn kräftig fest.

Das klärende Gespräch mit Hjalmar, der inzwischen zum Feldwebel befördert worden war und bald in die Kadettenschule einrücken würde, verlief zu seiner großen Erleichterung ruhig und gefasst.

Bei einem Treffen im Centralhotel unter vier Augen versuchte er, ihm die Situation aufrichtig zu erklären. Hjalmars Mutter, eine in jeder Hinsicht entzückende Frau, und er, der Witwer, verspürten ehrliche Zuneigung zueinander, trotz des großen Altersunterschieds. So kurz nach dem Tod seiner Frau sei eine Hochzeit aber ausgeschlossen, das würde seine Familie nicht akzeptieren. Und Britta in so einen Familienkonflikt hineinzuziehen wäre sicher ein großes Unglück für sie beide. Erst einmal musste die Zeit alle Wunden heilen. Für die finanzielle Absicherung seiner Mutter und des Jungen war gesorgt.

Hjalmar schien informiert zu sein, da er zu den Finanzen keine Fragen stellte. Dann versuchte er ebenfalls, seine Ansichten aufrichtig darzulegen. Natürlich war er anfangs sehr erstaunt gewesen, da er niemals damit gerechnet hatte, jemals ein Geschwisterchen zu bekommen.

Anfangs hatte ihn das, ehrlich gesagt, wahnsinnig wütend gemacht. Schließlich wisse er besser als jeder andere, was es hieß, in einem freikirchlichen Ort als uneheliches Kind, es gebe auch schlimmere Bezeichnungen, aufzuwachsen. Außerdem wisse er besser als jeder andere, wie sehr seine im Stich gelassene Mutter darunter gelitten hatte. Seine erste, instinktive Reaktion war, ihr keine Wiederholung dieser misslichen Lage zu wünschen. Bis er eingesehen habe, dass seine Mutter dieses Mal nicht im Stich gelassen wurde und somit alles in einem anderen Licht erscheine. Inzwischen habe der Gedanke an einen Stiefvater und einen 22 Jahre jüngeren Bruder geradezu etwas Amüsantes.

Mit dieser Weisheit schien das beiden unangenehme Thema abgehandelt zu sein. Sie scherzten über das Essen, übertrafen sich in ihren Vermutungen, was das bezugsscheinfreie Wildragout wohl enthalten mochte, und gelangten zu dem Schluss, dass es Dachs sein musste.



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